Die Wahrzeichen auf dem Ochsenkopf im Fichtelgebirge

Wahrzeichen am Ochsenkopf
Wohl um den Namen "Ochsenkopf" einzubürgern, hat man schon in früheren Jahrhunderten Wahrzeichen eingemeißelt. Beide zeigen natürlich Ochsenköpfe. Das erste (oben) findet man nordwestlich des Asenturms an einem Felsen. Nach  Dietmar Herrmann vom Fichtelgebirgsverein (FGV) wurde es erstmals in einer Bergwerksakte im Jahr 1495 erwähnt.

Das zweite (unten) ist am Wanderweg vom Gipfel Richtung Bischofsgrün, direkt unter der Nord-Seilbahn in eine grob behauene und aufgestellte Granitsäule geschlagen, die 1811 von dem Pfarrer Johann Heinrich Scherber aus Bischofsgrün beschrieben wurde, aber lange Zeit verschollen war. Der Heimatforscher Max Braun aus Fichtelberg fand sie im Jahr 2003 wieder, worauf man sie auch wieder aufrichtete und die undeutlich gewordenen Linien mit schwarzer Farbe nachzeichnete. So hat der Ochsenkopf jetzt zwei Wahrzeichen.
Zweites Wahrzeichen am Ochsenkopf
 

Der Ochsenkopf, das Bukranion, oder ein Stierkopf?

Heute bezeichnet man als Ochsen einen kastrierten Stier. Sie sind als Zugtiere und Arbeitstiere geeigneter, weil sie wegen der dadurch fehlenden Hormone berechenbarer und friedlicher sind. Der Stierkopf wiederum ist ein uraltes Symbol für Macht und Kraft. Dabei hat man bei der Namensgebung wahrscheinlich keinen Unterschied zwischen Stier und Ochse gemacht. Am Kopf ist das ja auch nicht zu erkennen, und stark sind sie beide. Der Stier ist nicht nur ein astrologisches Tierkreiszeichen für die esoterische Lehre der Astrologie, sondern auch ein astronomisches Sternbild zur Orientierung am Himmel für die Astronomen.

Während Winter- und Sommer-Sonnenwende relativ leicht zu bestimmen waren, zum Beispiel mittels der  Kreisgrabenanlage in Goseck schon vor 7000 Jahren, oder Stonehenge, fast 2000 Jahre später (!), war das mit dem für die Landwirtschaft wichtigen Frühlingspunkt, der Tag- und Nachtgleiche, schon schwieriger. Heute schauen wir einfach auf den Kalender, damals schaute man auf den Himmel. Das Sternbild, in dem die Sonne zum Frühlingsbeginn stand, diente nicht nur zur kalendarischen Orientierung, sondern wurde als Merkhilfe auch besonders verehrt. Leider verschiebt sich der  Frühlingspunkt am Himmel langsam über die Jahrhunderte. War es von ca. 4000 bis 2000 Jahren vor Christus der Stier, folgte die nächsten 2000 Jahre der Widder, also das männliche Schaf. Eine zweitausendjährige Tradition lässt sich aber nicht so leicht ändern, ein Streit, über den sich schon  Moses ärgerte, als er sah, wie nach seiner Rückkehr mit den Steintafeln der Zehn Gebote das Volk Israel um das goldene Kalb tanzten, obwohl in Mose 3 immernoch steht: »Will jemand ein Brandopfer tun von Rindern, so opfre er ein Männlein …«! 1000 Jahre nach der Umstellung auf den Widder war das Volk Israel zu alten Stier-Ritualen zurückgekehrt! Es sollte doch längst der Widder, also auch das Lamm, als Frühlings-Sternbild verehrt werden. Daraus entstand das heute christlich interpretierte, eigentlich jüdische, Opferlamm (ein männliches Lamm ist ein Widder). Zu Jesu Zeiten wechselte übrigens das Frühlings-Sternbild in die Fische, die vor dem Kreuz das christliche Symbol waren! In unseren Zeiten beginnt übrigens das  Zeitalter des Wassermanns.

Das Fichtelgebirge war damals vermutlich noch unbesiedelt, aber das mystische Symbol des Stiers und des Stierkopfes hat die Jahrtausende überdauert und taucht als Ornament und Namensgebung immer wieder auf. Durch den mittelalterlichen Bergbau im Fichtelgebirge und im Erzgebirge kamen weitgereiste Mineraliensucher, sogenannte Venediger oder Walen, in unsere Gegend. Vielleicht hing einer davon der alten Stierverehrung an oder er fand die Stierköpfe einfach schön, und ritzte das Stiersymbol (den Ochsenkopf) in den Felsen, worauf nach und nach der Name entstand. Ochsenkopf klingt auch irgendwie besser als Stierkopf.
Ochsenköpfe bzw. Stierköpfe in Florenz
Stierköpfe als Ornament an einer Skulptur des Giovanni de' Medici, des Vaters des berühmten Cosimo I de' Medici, in  Florenz aus dem Jahr 1540.